Meine Schüler fragen mich oft, welche Stimmlage sie haben, welches Stimmfach sie ihrer Stimme zuordnen können. Ich bin immer sehr vorsichtig mit vorschnellen „Diagnosen“ bei Stimmfächer. Erst wenn die Stimmbänder völlig locker beim Singen eingesetzt werden können und der Sound vom Körper (mit Stütze) kommt, traue ich mich zu kategorisieren. Und auch dann kann sich die Stimme immer noch weiter entwickeln, dramatischer oder tiefer werden…
Einteilungen in Stimmfächer (Sopran Alt Tenor Bass) sind nötig um einen Sänger in den Chor einzugliedern oder um die passenden Rolle im Musiktheater zu finden, sodass die Stimme nicht nur geschont wird sondern auch mit ihrer Klangfarbe am besten zur Geltung kommt.
Im bekannten „Handbuch der Oper“ von Rudolf Kloiber (München 2007), wo die meisten Opern aufgelistet werden, findet man feine Abstufungen welche Opernpartie nun welchen Stimmfächern zugeordnet werden kann. Obwohl Stimmfächer ausdifferenziert werden können, gibt es trotzdem kein endgültiges Schema, das wirklich die enorme Vielfach der Stimmen abbilden könnte.
Natürlich brauchen Sänger trotzdem Richtlinien um sich auf ein Repertoire fokussieren zu können, das ihren Stimmen gerecht wird. Wenn man zum Beispiel eine Rolle singen würde, die seiner Stimme nicht gerecht wird, so könnte man sogar seiner Stimme schädigen. Historisch gesehen haben Komponisten sogar ihre Werke für bestimmte Sänger komponiert. Ein sängerfreundlicher Komponist kennt sich also sehr gut mit Stimmen/Stimmfächer aus. So redet man in Sängerkreisen von Komponisten, die besonders gut für die Stimme sind. Mozart und Richard Strauß zum Beispiel gelten als wohltuend für die Stimme und man singt gerne ihre Stücke um sich einzusingen. Beethoven zu bewältigen gilt als sehr schwer. Natürlich ist es sehr individuell und jeder Sänger hat unterschiedlich Präferenzen.
Für Kunstlieder gibt es kein Verzeichnis, dass in Stimmfächer kategorisiert, die Ausgaben beschränken sich lediglich auf „hoch/mittel/tief“. So fallen für unterschiedliche Stimmfächer bestimmte Lieder leichter oder schwerer.
Obgleich Du Pop oder Klassik singst, Dir ist sicher schon aufgefallen, dass Dir ein Stück mehr oder weniger „liegt“.
-Tipp: Singe zunächst in Deiner „Sahnelage“, also dort, wo Du Dich am wohlsten fühlst. Wenn Du Dich wohl fühlst, ist es ein Zeichen, dass Deine Kehle locker ist und durch die Stütze vom Körper entlastet wird. Das Beste für die Stimme ist den Schwierigkeitsgrad des Repertoires sehr langsam zu steigern. Hierfür ist Stimmbildung essentiell! Die Stimmbänder sind sehr empfindlich und reagieren sehr schnell auf zu große Belastung.
Bevor wir nun zur feinen Einteilung der Stimmfächer kommen betrachten wir zunächst die Stimmlagen:
Die grobe Einteilung (für Chöre) (Sopran Alt Tenor Bass)
Stimmen werden in Sopran, Alt, Tenor und Bass eingeteilt. Wie Du siehst wird hier weder der Bariton noch der Mezzosopran berücksichtigt. In der Besetzung von Rollen macht es jedoch einen großen Unterschied, ob man Mezzosopran oder Altistin ist, genauso groß ist der Unterschied zwischen Bariton und Bass. Stimmfächer spielen im Chor noch keine große Rolle.
Nun können wir diese Kategorien feiner einteilen:
Welches Stimmfach habe ich? Sopran Alt Tenor Bass?
Es wäre zu simpel unsere Stimmfächer daran festzumachen wie hoch oder wie tief wir singen können. Es kommt zum Beispiel oft vor, dass Sopranistinnen im Laienchor im Alt singen, weil ihre Technik nicht ausreicht um die hohen Töne zu treffen. Oder weil sie sehr tief singen können. Tatsächlich kommt es aber auf die Klangfarbe der Stimme an. In welcher Lage ist Deine Stimme am durchschlagskräftigsten, am voluminösesten? Eine gute Altistin muss auch ein hohes c„` singen können, eine Sopranistin kommt locker bis zum e runter.
(Superius, die darüber liegende Stimme): Sopranistinnen haben vergleichsweise sehr helle Stimmen. Hohe Töne zu singen fällt ihnen vergleichsweise leichter. Das gängige Repertoire umfasst den Ambitus von a bis f„`, wobei es Ausnahmen gibt (z.B. as bei Katzenduett, Rossini oder bei Christine, Phantome oft he Opera, Webber). Im Chor singen Sopranistinnen meist die Melodiestimme.
Obwohl es Mezzosopranistinnen gibt, die das hohe f„` erreichen können, kommt durch ihr dunkles Timbre ihre Stimme in tieferen Lagen besser zur Geltung. Sie kann zwar hoch singen, wie ein Sopran; auf die Dauer würde es jedoch ihre Stimme belasten. Im Repertoire für eine Mezzosopranistin erkennen wir, dass hohe Töne auch immer wieder vorkommen, jedoch nicht in der Quantität wie beim Sopran.
(altus=hoch): Altistinnen haben besonders dunkle Stimmen. In Laienchören werden sie auf Grunde von Männermangel oft in den Tenor geschickt und man bezeichnet sie ironisch als „Tenoresse“. Altistinnen gibt es deutlich weniger als höhere Stimmfächer, gute Altistinnen mit einer voluminösen Tiefe werden händeringend gesucht! Interessant: Eine ausgebildete Altistin kommt auch (ca.) bis zum c„` hoch.
(basso-tief): Der Bass hat die tiefste Stimme, er hat die größte Stimmasse und das Ansatzrohr ist am weitesten. Häufig sind Bassisten große Männer. Ihr Stimmfach zeichnet sich vor allem durch eine tiefe Klangfarbe (Obertonstruktur) aus und bilden in Chören und Ensembles ein Fundament. Was ihre Höhe betrifft ist es schon eine gute Leitung ein f so zu singen, dass ihre Stimme noch schön frei und voll klingt.
Die Stimme des Baritons ist etwas schlanker als die eines Basses. Die Klangfarbe ist ein wenig höher und heller. Läufe und Koloratur fallen oft etwas leichter. Die Bezeichnung Bariton kommt im Chorsatz nicht vor; sie singen meistens im Bass mit. Bei genauerer Betrachtung liegen Baritone jedoch näher am Tenor als am Bass, da sie meistens in ihrem Stimmumfang ca. eine Terz unter dem Tenor liegen.
Der Stimmapparat eines Tenors erlaubt ihnen auch noch über einem a` mit Leichtigkeit und gesundem Stimmbandschluss volle Töne zu singen. Sie können sogar ein hohes c„ singen ohne in die Falsettstimme zu kippen.
Ist meine Stimme leicht, lyrisch oder dramatisch?
Besonders in der Ausbildungsphase des Singen Lernens wäre ich sehr vorsichtig mit zu frühen Diagnosen. Es gibt schon physiologische Kriterien an denen man ein bestimmtes Stimmfach erahnen könnte (Beschaffenheit der Stimmbänder, Körperbau); jedoch ist die Fehleranfälligkeit bei solchen Stimmdiagnosen sehr hoch. Ein Anfänger sollte grundsätzlich „leichte“ Stücke singen, bevor er in ein lyrischeres oder sogar dramatischeres Fach übergeht. Um schwereres Repertoire zu singen muss die Stimme völlig gelockert sein und die Anbindung zum Körper muss permanent stattfinden. Sogar im Gesangsstudium müssen Studenten von ihrem Professor oft sehr sanft an ihr Stimmfach herangeführt werden. Bei hochdramatischen Wagnersängern kommt es in der Regel nicht vor, dass sie schon im Gesangsstudium (das meinst vor oder um dem 30. Lebensjahr) ihr Repertoire singen können. Ich bekomme immer wieder mit, dass Kollegen zu früh zu schwere Stücke singen, ihre Stimme kaputt gemacht wird und sogar der Beruf aufgegeben werden muss.
All diese Kriterien sind sehr pauschal und dienen der allgemeinen Orientierung. Es gibt Bässe, die Koloraturen singen können, Koloratursopranistinnen, die eine warmklingende sonore Mittellage besitzen. Wo sind die genauen Grenzen? Ab wann kann man von einer dramatischen Stimme sprechen? Es gibt lyrische Partien, die dramatische Passagen haben und umgekehrt. (Beispiel: Butterfly) Wir sehen also, dass man nicht normativ Kategorisieren kann sondern eher Tendenzen feststellt an denen man sich orientieren kann. Letztendlich geht es darum, dass Du Dich stimmlich mit Deinem Repertoire wohl fühlst und behutsam Deine Stimme entwickelst.
Im Kloiber sieht man, dass es Rollen gibt, die für mehrere Stimmfächer singbar wären. Hier zählt auch die Entscheidung des Agenten/Dirigenten/Regisseurs etc.
Kommen wir nun zur feinen Einteilung für den Opernsänger: [Kloiber]
Weiche Stimme mit schönem Schmelz; edle Linie.
Lyrische Sopranstimme mit größerem Volumen, die auch dramatische Höhepunkte gestalten kann.
Bewegliche Stimme mit großer Höhe; dramatische Durchschlagskraft.
Voluminöse, metallische Stimme; große Durchschlagskraft.
Bewegliche, metallische Zwischenfachstimme von dunkler Färbung, die sich oft mit zunehmender Reife zum hochdramatischen Fach weiterentwickelt; gute Höhe.
Bewegliche, metallische Stimme mit gut entwickelter Höhe und Tiefe; dramatische Durchschlagskraft.
Volle, pastose Stimme mit großer Tiefe.
Weiche, bewegliche Stimme mit Schmelz und großer Höhe.
Metallische Stimme, die ebenso lyrische Stellen wie dramatische Höhepunkte gestalten kann; edle tenorale Färbung.
Schweres, voluminöses Organ mit tragfähiger Mittellage und Tiefe; oft baritonale Färbung.
Weiche, bewegliche Stimme mit schöner Linie und großer Höhe.
Metallische Stimme, die ebenso lyrische Stellen wie dramatische Höhepunkte gestalten kann; männlich edle baritonale Färbung.
Schweres, ausladendes organ, das nicht nur über eine strahlende Höhe, sondern auch über eine gut ausgeglichene, tragfähige mittlere und tiefe Lage verfügt.
Pastose Stimme mit dunkler Färbung, große Tiefe („Schwarzer Bass“).
Sehr bewegliche, weiche Stimme mit großer Höhe.
Zarte, biegsame Stimme; zierliche Erscheinung.
Zwischenfachstimme, die über ein feines Charakterisierungsvermögen verfügt.
Geschmeidiges, charakterisierungsfähiges Organ.
Schlanke, charakterisierungsfähige Stimme.
Zwischenfachstimme, die über ein feines Charakterisierungsvermögen verfügt.
Schlanke, bewegliche Stimme mit großer Höhe.
Kraftvolles, modulationsfähiges Organ; feines Charakterisierungsvermögen.
Schlanke, bewegliche und charakterisierungsfähige Stimme.
Große umfangreiche Stimme; feines Charakterisierungsvermögen.
Voluminöse Stimme von großem Umfang.
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